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Was soll man mit einem Welpen üben, bevor die Hundeschule startet? 

Dies ist eine der häufigsten Fragen, die ich von Ersthundehalter*innen und Welpenbesitzer*innen gestellt bekomme. Verständlich, schließlich ist man voll motiviert und möchte direkt loslegen mit der Welpenerziehung.

Meine Antwort: Ruhen!

Bringt deinem Hund Ruhen bei! Das ist mein Geheimtipp für die Hundeerziehung.

Oder anders gesagt: Du als Welpenbesitzer*in solltest lernen, deinem Welpen den nötigen Raum für Schlafen und Ruhen zu geben.

Denn wenn wir mal ehrlich sind, der Welpe zieht bei dir ein und alle sind aufgeregt. Schwirren die ganze Zeit um das Welpentierchen herum, um mit ihm zu spielen, ihn zu knuddeln oder schon die ersten wichtigen Übungen mit ihm zu machen. Alle möchten den kleinen Welpen sehen und auch draußen bleibt jeder Spaziergänger stehen und freut sich über das kleine Fellknäul.

Zwischen dem ganzen Trubel baut man noch einige Lerneinheiten ein: Sitz, Platz, Fuß, Bleib, Busfahren, Kinder, Stadttermin, Bahnhof, Senioren, Flughafen, Bauernhof…..

Mit anderen Worten, alles dreht sich um den kleinen Welpen. Der bekommt so viel Aufmerksamkeit und Übungseinheiten, dass die Zeit zu kurz kommt, in der er Schlafen und auch Ruhen kann. Das Schlafbedürfnis des Welpen wir komplett außer Acht gelassen.

Warum Ruhe für Welpen so wichtig ist

Beobachtungen an Straßenhunden haben gezeigt: Wenn ein Hund darf wie er möchte, macht den größten Anteil seines Tagesablaufs das Schlafen und Dösen aus, 17 – 22 Stunden pro Tag. Gefolgt vom Gucken = in der Gegend rum liegen und beobachten.

Doch unsere Hunde wurden dazu gezüchtet immer bereit für die Arbeit mit uns zu sein. Sobald wir etwas von ihnen möchten, lassen sie alles liegen und stehen. Selbst ihr Ruhebedürfniss wird hinten angestellt, auch dann, wenn schon ein enormes Schlafdefizit vorhanden ist. Oder kannst du dir vorstellen, dass ein Terrier, Retriever oder Border Collie – vor allem in jungen Jahren – sagt: „Ach Nö, lass mal, will lieber schlafen.“? Ich auch nicht!

Daher ist es um so wichtiger, dass wir auch das Schlafbedürfnis des Welpen achten und, dass der Welpe lernt zu ruhen, denn in der Welpenzeit haben die Hunde noch ihr natürliches Ruhebedürfnis. Allerdings bestehen sie nicht darauf und sind bereit alles mitzumachen, was wir ihnen anbieten oder von ihnen verlangen.

Die Gefahr von zu viel Training und Beschäftigung

Jahrelang wurde auf allen Kanälen propagiert einen Hund bloß gut auszulasten, um Verhaltensauffälligkeiten zu vermeiden. Dadurch haben Hunde mittlerweile vollere Terminkalender als manch ein Manager. Schon Welpenbesitzer*innen arbeiten ganze „Sozialisierungslisten“ ab, immer mit der Angst im Nacken ihrem Welpen nicht ausreichend Reize anzubieten, um es auf sein Leben vorzubereiten. Unsere Hunde sind so überbeschäftigt und stehen stets und ständig im Mittelpunkt, dass sie nie gelernt oder verlernt haben auch nur einen Augenblick ohne Beschäftigung und Ansprache durch ihren Menschen zu verbringen.

Folgen von Schlafmangel beim Hund

Wie bei uns Menschen verursacht Schlafmangel, zunächst Hyperaktivität – ein nicht mehr zur Ruhe kommen können, dann Unkonzentriertheit, die übergeht in eine schnelle Reizbarkeit bis hin zur Aggressivität. Dein Welpe überdreht völlig.

Die durch den Schlafmangel erhöhte Reizbarkeit und Aggressivität des Tieres und damit einhergehenden Verhaltensauffälligkeiten werden oft auf ein Mangel an Auslastung zurückgeführt. Das Aktivitätslevel wird fatalerweise noch weiter hochgeschraubt, um den Hund besser auszulasten.

Hält der Schlafmangel jedoch weiter an kommt es zu ernsthaften Erkrankungen. Denn Schlafmangel schwächt das Immunsystem.

Bulgarischer Straßenhund

Finde ein vernünftiges Mittelmaß an Ruhen und Lernen. Hab ein Auge auf das Schlafbedürfnis deines Hundes.

So findest du das richtige Gleichgewicht zwischen Ruhe und Training

Lieber kleinere Lerneinheiten über den Tag verteilt, als stundenlanges Üben. Zwischen durch sollte dein Welpe immer wieder ausreichend schlafen, um das Erlebte zu verarbeiten. Denn ein völlig gestresster und übermüdeter Welpe lernt Nichts, egal wie viele Reize und Lerneinheiten du ihn noch aussetzen. Er kann das Erlebte nicht mehr verarbeiten.

Gerade die typischen Arbeitshunde, hier möchte ich nur beispielhaft den Border Collie nennen, sollten zunächst vor allem „ruhe halten“ lernen. Erst dann kann man mit der eigentlichen Ausbildung (hier meine ich nicht die Erziehung des Hundes) beginnen. Beim Welpen besteht deine Aufgabe darin, dich zurück zu nehmen und deinen Hund ruhen zu lassen. Einfach mal nix wollen und nix machen. Bei einem erwachsenden Hund, der Ruhen nicht gelernt oder verlernt hat, sind andere Maßnahmen nötig. Doch das ist ein anderes Kapitel…

Zum Weiterlesen:

Wenn dich das Thema Stubenreinheit beim Welpen interessiert, findest du hier einen ausführlichen Beitrag dazu.

Warum wir vom typischen Welpenspielen in der Hundeschule abraten, kannst du hier nachlesen.

Warum es Welpenschutz nur innerhalb der Familie gibt, erklären wir dir hier.

Möchtest du erfahren, wie dein Hund dir ohne Leine folgt? Dann findest du in Freifolge beim Hund – Die Geschichte vom kleinen König Lucky alles Wissenswerte.

Bild Straßenhund: Nina Riehn

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