FREIFOLGE - DIE GESCHICHTE VOM KLEINEN KÖNIG LUCKY

von Sonja Stammer

FREIFOLGE - DIE GESCHICHTE VOM KLEINEN KÖNIG LUCKY 

Freifolge ist die Traumvorstellung vieler Hundebesitzer. Das Folgen ohne Leine und ohne Kommando.

Dein Hund orientiert sich an dir und nicht du an deinem Hund. Die gute Nachricht zuerst: Freifolge ist in jeden Hund serienmäßig eingebaut. Dummerweise haben wir Menschen ein Händchen dafür die Freifolge wieder abzubauen. Wir sind einfach so gestrickt, denn auf unsere Kinder achten wir. Wir lassen unsere Kinder nicht einfach laufen und sie müssen selber sehen, wann wir abbiegen, sonst haben sie das Nachsehen. So sind wir nicht! Was bei unseren Kindern richtig und wichtig ist – ist bei unseren Hunden eine kleine Katastrophe, die uns später das Leben mit diesem Hund deutlich erschwert.

 

DER KLEINE KÖNIG LUCKY…

Es beginnt schon in den ersten Tagen, wenn der Welpe bei uns einzieht. Wir lassen ihn noch nicht ohne Leine laufen, entweder weil wir uns nicht trauen, oder weil wir keine Möglichkeit haben (an einer vierspurigen Straße ist es zugegebenermaßen nicht sinnvoll). Unser Welpe – nennen wir ihn Lucky – schleicht hinter uns her. Alles ist so neu und er ist deutlich überfordert von diesen ganzen neuen Eindrücken. Was machen wir? Wir schleichen vor ihm her. Lucky bleibt stehen und setzt sich, wir bleiben auch stehen und warten. Plötzlich entdeckt Lucky eine Wiese und läuft los, wir an der Leine hinterher. Nachdem Lucky die Wiese untersucht und hoffentlich sogar schon sein erstes Geschäft dort gemacht hat, entdeckt er einen Hund und läuft in seine Richtung. Uns immer im Schlepptau. So geht das die Woche über an jedem Spaziergang. Lucky muss sich ja erst einmal einleben. Es ist doch alles so neu für den Kleinen, denken wir.

 

….UND SEINE UNTERTANEN

Aber was lernt Lucky? Lucky lernt, dass wir ihm, dem kleinen König Lucky, folgen. Er gibt vor in welche Richtung es geht und wir gehen mit. Wenn er stehen bleibt oder sich sogar hinsetzt, bleibt wir auch stehen. Überhaupt scheinen wir in manchen Situationen unsicher zu sein. Gut, dass wir den kleinen König Lucky haben, der uns jetzt die Richtung vorgibt.

Am Wochenende fahren wir mit der Familie und Lucky zu einem Gebiet, indem Lucky freilaufen kann. Lucky ist mittlerweile deutlich selbstsicherer geworden und geht auf Entdeckungstour, die Familie – sein Volk – läuft hinterher. Lucky verschwindet in einem Gebüsch, die ganze Familie bleibt davor stehen, in Sorge um Lucky. Der hat in der Zeit Spaß und stöbert durch das Gebüsch. Irgendwann schaut er mal aus dem Gebüsch raus und siehe da! Sein Volk wartet auf ihn, König Lucky! Weiter geht es in den Wald, Lucky immer vorne weg, an der Kreuzung läuft er gerade aus. Sein Volk ist sich sicher, dass man hier links abbiegen muss, also läuft ein Untertan hinter König Lucky her und macht ihn auf seinen Fehler aufmerksam. Ihr merkt schon, ich könnte diese Geschichte immer weiterspinnen.

 

WAS LERNT DER HUND?

Fakt ist so lernt Lucky, dass wir auf ihn achten und nicht umgekehrt er auf uns achten muss. Was bei einem Welpen noch wenig Mühe bereitet, ist bei einem ausgewachsenen, sehr viel schnelleren Hund schon katastrophal. Wir alle haben sie schon gesehen, die Hunde, die von der Leine gelassen werden und dann erstmal weg sind, ohne einen Blick zurück zu werfen. Wenn Sie fertig sind mit ihrer Tour, kommen sie wie selbstverständlich zu ihrem Chauffeur Besitzer zurück und lassen sich nach Hause bringen.

 

DEIN TRAUM VON DER FREIFOLGE

Dein Wunsch ist aber ein Hund, der frei läuft und mit dir Kontakt hält, indem er zurück blickt und schaut, wo du bist. Das heißt nicht, dass dein Hund an dir kleben muss und nur an deinen Hacken läuft. Wie weit der Radius deines Hundes ist, ist individuell. Wichtig ist, dass er Kontakt hält und nicht einfach wie selbstverständlich die Richtung vorgibt, sondern stattdessen wartet, für welche Richtung du dich entscheidest.

 

Lasst uns überlegen, wie das in einer Hundegruppe aussehen würde. Würden die erwachsenden Hunde auf klein Lucky warten, der gerade irgendwo ein Loch buddelt? Nein, sie würden beschließen, dass man geht und dann wird gegangen. Der Nachwuchs hat zu folgen. Lucky hätte also schnell das Nachsehen, wenn er nicht Anschluss halten würde. Er würde allerdings auch gar nicht auf die Idee kommen, dass es möglich ist sein eigenes Süppchen zu kochen. Diese Idee bekommt er erst durch uns eingeimpft.

 

WIE ERREICHEN WIR UNSEREN TRAUM?

Was ist zu tun? Wie erhälst du die Freifolge aufrecht?

Du erinnerst dich: Die Freifolge ist serienmäßig eingebaut! Also, traue dich schon zu Anfang deinen Welpen frei laufen zu lassen. Natürlich nicht neben der Straße oder auf der Autobahnraststätte, sondern in Gebieten, wo das gefahrlos geht. Nun lauft du nicht ständig hinter dem Welpen her, sondern wendest immer mal kommentarlos ab.

Dein Welpe ist unaufmerksam, da er gerade irgendwo schnuppert oder buddelt? Versteck dich, so dass du ihn noch beobachten kannst, er dich aber nicht mehr sieht. Sollte er anfangen dich zu suchen, dann kommst du kommentarlos aus deinem Versteck und gehst wieder deines Weges.

 

Dieses Versteckspiel macht keinen Sinn, wenn dein Welpe gerade in ein Spiel mit einem anderen Welpen vertieft ist. Oder wenn du mit einer ganzen Gruppe unterwegs bist, denn da wird sich dein Welpe an der Gruppe orientieren.

Läuft dein Hund an einer Kreuzung einfach wie selbstverständlich weiter und gibt die Richtung vor, wirst du ihm auf keinen Fall folgen, sondern einen der anderen Wege nehmen (auch wenn die Wahl von deinem Hund die richtige Richtung war!): Kommentarlos! Sobald dich dein Hund wieder überholt, kannst du abwenden und die richtige Richtung einschlagen. Du solltest an Kreuzungen immer das Gefühl haben, dass dein Hund kurz nachfragt: „Geht es heute hier lang?“ und nicht einfach selbstständig eine Richtung vorgibt.

Mit nur minimalem Aufwand in der Welpenzeit, erhälst du einen Hund der dir folgt. Wenn du deinem Welpen nicht das Gefühl vermittel, er könnte die Richtung vorgeben, dann wirst du wenig Probleme mit der Freifolge haben.