DIE RÜCKKEHR DES MÜDI-RITTERS

Nun ist es also da, das Müdi-Monster. Vor nun gut zwei Monaten erhielt es, nachdem die angesprochenen Vorkehrungen getroffen worden waren, Einzug in unser trautes Heim. Zwei Zimmer, 60 Quadratmeter, eine Küche ohne Fenster dafür aber mit drei Fahrrädern, ein Ahnungsloser samt Zubehör, Müdi und ich.

 

Mitten in der Stadt, ohne Garten, EG direkt neben der Haustüre, sodass jeder Mensch, der es wagt, das Haus zu betreten, auch gut zu hören ist. Eine Wohnsituation, die vermutlich nicht die schönste Ausgangssituation für ein Leben zu dritt bieten…aber wenn man das Müdi fragt, ist es angeblich ja überall zufrieden, Hauptsache die grundlegenden Bedürfnisse sind befriedigt.

Wenn es weiß, dass irgendwo sein Bettchen inklusive Kuscheltierinterieur in der Ecke steht, eine volle Gefriertruhe mit ausreichend Nahrungsmitteln vorhanden und ein Sofa zum ausgiebigen Faulenzen vorzufinden ist, beschwert der sich laut eigener Angabe über nichts weiter. So was in der Art hätte es und davon bin ich fest überzeugt zumindest zu Beginn unserer WG-Zeit gesagt. Aber mit dem Alltag kommen die Probleme und die Dinge, die einem doch gegen den Strich gehen. Es ist eben doch etwas anderes eine Fern- bzw. Wochenendbeziehung zu führen, als zusammen zu leben, sich jeden Tag zu sehen und sich in den heimischen Vierwänden so gar nicht aus dem Weg gehen zu können. Das müssen das Müdi und ich gerade am eigenen Leibe zu händeln lernen. 

Zu Beginn musste sich unser neuer Alltag erst mal einstellen. Zwei Menschen mit neuer Arbeitsstelle und ein Hund in Frührente. Vollkommen unterschiedliche Lebensabschnitte, die erst einmal aufeinander abzustimmen galt. Mittlerweile würde ich allerdings behaupten, dass wir so etwas wie eine gemeinsame Struktur in unser gemeinsames Leben gebracht haben. So drehe ich morgens vor Arbeitsbeginn in aller Herrgottsfrühe die erste Müdi-Runde. Dazu muss ich den Herrn selbstredend zunächst aus dem Bett operieren, denn am allerliebsten dreht der sich natürlich morgens, wenn der Wecker klingelt noch mal um. Wenigstens verlässt der Ahnungslose dankenswerterweise gleichzeitig mit uns das Haus und fährt zur Arbeit. Man kann vielleicht erahnen, was los ist, wenn ich Müdi erklären muss, dass der Meister liegen bleiben darf und er allein mit mir vor die Türe muss. Findet der total blöd, weil alles was der Ahnungslose tut, ist nämlich viel cooler. Immer. 

Nachdem ich das Tier dann eine Stunde durch die Gegend geschliffen habe und ihm schonend beigebracht habe, dass sein Herzensmensch nun nicht mehr zuhause auf ihn wartet, verlasse ich die Wohnung, um Müdis Barf-Komfort-Plus-Packungen und Tierarzteskapaden zu verdienen. Mittags kann ich bei Bedarf noch mal zurückkehren und den Herrn vor die Tür scheuchen. Ansonsten gebe ich die Schicht an den Ahnungslosen ab, der am Nachmittag das Tierchen betreut. Bis dahin ist der kleine Prinz allerdings allein und hat ausreichend Zeit sich auf die faule Haut zu legen und den Tag zu genießen.

Diese neue Situation fand der Herr anfangs, glaube ich, auch gar nicht mal so schlecht. Endlich im Ruhestand und keine nervigen Erstklässler in der Hundeschule mehr ertragen. Endlich kein kleines Gespenst mehr, das ihn des Tags und des Nachts – in Anbetracht größter Bewunderung – zu Tode ängstigen konnte. Endlich den Ahnungslosen jeden Tag ganz nah bei sich. Allerdings wissen wir ja vermutlich alle wie das ist…am Anfang genießt man die freie Zeit, ruht sich aus und tut alle Dinge, zu denen man sonst nie kommt. Auto putzen, Bücher lesen, Wandern, Sauna, Hausputz. Doch wenn man alles erledigt hat und sich die Entspannung vollends eingestellt hat, schleicht sich Langeweile ein. Wir brauchen eine Aufgabe im Leben und so ganz ohne eine solche fühlt man sich, auch wenn es im stressigen Arbeitsalltag undenkbar gewesen wäre, nutzlos. Dies wiederum führt dazu, dass man entweder übellaunig wird oder aber sehr kreativ, um sich entsprechend zu beschäftigen. 

Diese Möglichkeiten würde ich bei normalsterblichen Frührentnern annehmen. Selbstredend trifft auf meinen persönlichen Rentner auf dem Sofa/Bett/Thron beides zu. Übellaunig und kreativ. Ein nicht zu unterschätzendes Pulverfass bei einem ausgewachsenen Müdi-Tier, das in Kombination mit der gestressten Alltags-Mira durchaus in der Lage ist, schnell zu detonieren… 

Jeden Tag ist die Mira-Müdi-Kombination leider irgendwann toxisch und hoch entzündlich! Und wer möge es anders meinen, selbstredend ist da schon einiges in Flammen aufgegangen…vor allem meine Träume und Hoffnungen auf ein entspanntes Zusammenleben als rechtskräftig verbundene Familie. Aber jede gute Beziehung bedeutet schließlich auch Arbeit. Arbeit, die es sich zu investieren lohnt, wenn man den richtigen Partner gefunden hat. So was in der Art hat zumindest unsere Standesbeamtin bei der Hochzeit gesagt, da musste ich direkt an das Müdi denken. Ein lebensverändernder Schritt, hochoffiziell im Wuppertaler Rathaus und ich denke an das Müdi-Tier auf dem heimischen Sofa. Vielleicht liegt ja auch genau da der Hund begraben!