Wilson - Der Anti Aussie
WILSON – DER ANTIAUSSIE – TEIL: 36
- von Mira Berghöfer
SCHWIERIGE ZEITEN TEIL 1: DER ABSCHIED
Ich hätte mir denken können, dass es schlimm wird. Die Ausmaße dessen, was sich Wilson dieses mal wieder einfallen lassen hat, wären allerdings schwerlich im Vorhinein auszumalen gewesen – wie auch, er überrascht uns Besitzer halt auch nach nun beinahe neun Jahren immer noch gerne!
Naiv war es allerdings auch nur zu vermuten, ein Müdi würde eine akute Veränderung in seinem gewohnten Umfeld einfach so hinnehmen. Noch naiver meine Vorstellung einer entspannten gemeinsamen Zeit wieder als Zweierteam durch die Wuppertaler Wälder streifend, mit ausgedehnten Kuschelstunden auf dem Sofa, lustigen gemeinsamen Spaß- und Wanderwerken mit dem HundeWerk.net und jetzt, da er ja irgendwie sogar Spaß daran gefunden hatte, vielleicht mit der ein oder anderen gemeinsamen Joggingeinheit...alles zu zweit nur Mira und Müdi, so wie in den guten (ok an diesem Punkt wird es wirklich lächerlich) alten Zeiten.
Das waren wirklich unrealistische Vorstellungen, denn Wilsons Welt steht gerade Kopf und so was lässt der Herr eben ungern unkommentiert, sondern stellt die Last des zu tragenden Kreuzes gerne zur Schau. Soll ja schließlich ein jeder mitbekommen, wie schlecht es ihm gerade geht, ob es derjenige wissen möchte, oder nicht. Das unerträgliche Ungleichgewicht in des Hundes Leben ergibt sich daraus, dass sich der Ahnungslose, der sich der Liebe des Müdis niemals so ganz bewusst sein wird, gerade auf großer Reise befindet. Ich, die sich der Liebe des Müdis für den Ahnungslosen gerade schmerzlich bewusst wird, folglich die nächsten Wochen wieder alleinerziehend bin. Und das Müdi, das sich seiner Liebe für den Ahnungslosen immer schon bewusst war, seiner Meinung nach die größte Strafe des Universums erdulden muss. Worin diese nun genau besteht, ob es die Sehnsucht nach dem Lieblingsmenschen oder die gemeinsame Zeit mit mir alleine ist, müsstet ihr ihn selber fragen.
Alles begann bereits ein Wochenende vor der Abreise. Wie schon in Beitrag URLAUBSFIEBER berichtet, riecht Herr Wilson ja, wenn eine Reise ansteht, auf die er nicht mitkommen darf. Wir hatten eigentlich geplant alles so stressfrei wie möglich für ihn zu gestalten, ganz so, als wenn der Ahnungslose eben nur mal ein Wochenende nicht da sei (Auch wenn eine kurze Trennung grundsätzlich auch schon schrecklich ist, habe ich aber doch den Eindruck, des Müdis Sehnsucht kann durch das Wissen, dass die Abwesenheit des Ahnungslosen nur von kurzer Dauer sein wird, besser mit der Sehnsucht umgehen. Nun ja, aber wie schon erwähnt, eigentlich kann man sich jeden Versuch der Täuschung eines Müdis sparen: Er weiß halt, wenn etwas Großes geplant ist). Dass er es wirklich wusste, hätte mir schon allzu deutlich werden müssen, als er mich in den frühen Stunden des Samstags (minus eine Woche vor Abflug) vor die Tür scheuchte und sich die übliche schwerwiegende Durchfallerkrankung zeigte. Obwohl ich ernsthaft zunächst darüber nachdachte, was er wohl Falsches gefressen hatte, hätte die Diagnose direkt klar sein sollen – ich sollte es langsam wirklich besser wissen. Müdi bekam allerdings aufgrund des Durchfalls die gewünschte, gesonderte Aufmerksamkeit des Ahnungslosen, der sich während der Urlaubsvorbereitungen (ein riesiger Fahrradkarton wurde herbeigeschafft und allerlei Reiseutensilien bereitgestellt, da mussten Wilsons Alarmglocken ja angehen, ungewöhnlicher geht es wohl kaum) wie immer hinreißend um den Prinzen kümmerte. Ganz nach Müdis Geschmack eben und dennoch war er unzufrieden, denn die Vorbereitungen liefen trotz Mitleid weiter...
Ich nahm an diesem Wochenende wieder ganz die Rolle der bösen Hexe ein, welche die letzten gemeinsamen Stunden der Herren durch eine kleine Wanderung mit dem HundeWerk.net dezimierte. Diesem Ausflug wohnte Wilson zwar körperlich bei, geistig war er allerdings die ganze Zeit damit beschäftigt sich auszudenken, womit er den Ahnungslosen wohl an der Reise hindern könne. Der Durchfalltrick schien nicht zu funktionieren, denn er packte weiter und noch hatten wir nicht erwogen, einen Notarzt aufzusuchen. Auch sein trostloser Gang und der leere Blick während der Wanderung schienen zwar die Teilnehmer zu besorgen, wurde von mir aber nicht mit der ausreichenden Besorgnis zur Kenntnis genommen.
Weil eben diese seine gewöhnlichen Tricks nicht helfen wollten und wir ihm zu allem Überfluss auch noch eine Abschiedswanderung durch das Bergische Land ankündigten, zog er des Nachts das letzte Register…