Wilson - Der Anti Aussie
WILSON – DER ANTIAUSSIE – TEIL: 38
- von Mira Berghöfer
SCHWIERIGE ZEITEN TEIL 3
Den Umfang von zwei ganzen Beiträgen hat es beansprucht, nur die Ereignisse der Reisevorbereitung zu schildern.
Man möge sich fragen, welches Feuerwerk das Müdi-Tier dann wohl abbrannte, als der Tag des schmerzlichen Abschieds dann irgendwann gekommen war!
Das war jedoch glücklicherweise, so kann ich ausnahmsweise gelassen berichten, ziemlich unspektakulär. Das lag mit Sicherheit nicht daran, dass Herr Wilson außerstande wäre, herzzerreißende Trennungsszenen mit jaulen, winseln und dem traurigsten Hundeblick der Welt zu vollführen – zum Berufsbild eines Müdis gehört schließlich auch das perfektionierte Schauspiel – es lag eher an den Begebenheiten, die einen bitteren Abschied von seinem neuen Herzensmenschen unmöglich machten (das hält er mir natürlich vor, nicht mal ein leises Adieu gestehe ich dem armen Hund zu, bevor er der Hölle von vier ganzen Wochenenden mit mir alleine ausgesetzt wird).
Jedenfalls war Herr Müdi bei seiner allfreitaglichen Rückkehr zu mir zunächst nicht sonderlich erstaunt, als er keinen Ahnungslosen in der Wohnung vorfand (der war nämlich schon während der Woche in den wohlverdienten Urlaub entflohen). Er ist zwar immer enttäuscht, wenn sein Freund nicht da ist, aber erfahrungsgemäß kommt er ja immer schnell wieder! Wer diesen Blog nun länger verfolgt, weiß nun schon in welchem Wort des letzten Satzes hier das Problem liegt: „erfahrungsgemäß“. Mein kleines autistisch veranlagtes Tierchen kann eben mit Veränderungen wirklich gar nicht umgehen.
Als wir dann nämlich von der abendlichen Gassirunde heimkehrten und er immer noch nicht da war, wurde Wilson langsam nervös. Das war nämlich ungewöhnlich. EIGENTLICH ist die Anwesenheit seines Ahnungslosen nämlich spätestens nach zweimal in die Wohnung zurückkommen gewiss! Die einzelnen Zimmer unseres Heims wurden folglich wiederholt gründlich durchsucht, mir dann und wann ein vorwurfsvoller Blick nach dem Motto: „Hast-du-ja-toll-hinbekommen“ zugeworfen und bei jedem Geräusch im Hausflur enttäuscht geseufzt, wenn sich jenes eben nicht den gewohnten Tönen des Ahnungslosen zuordnen ließ.
Die Nächte waren besonders anstrengend. Der Herr nächtigte nämlich selbstredend nicht in seinem Bettchen neben mir. Denn, obwohl ich mir wirklich Mühe gab und mich dazu herabließ ihn ins Bett zu bringen, ihm den Bauch zu streicheln und ihn zuzudecken (und ja ich kam mir richtig dumm vor, aber was tut man nicht alles für das psychische Wohl des Prinzen), verließ er das Schlafzimmer jeden Abend mit zielsicherer Gewissheit und schlug sein Lager auf dem Vorleger im Badezimmer auf. Dadurch hatte er die Haustür fest im Blick, denn die Heimkehr konnte ja jederzeit erfolgen und was noch viel wichtiger war, die Nähe zu mir konnte gemieden werden. Das tat er nämlich fortan wissentlich. Ich war der neue Staatsfein Nr. 1. Jede Zelle seines Seins schien mir entgegenzuschreien: „Super Mira, hast du es wieder geschafft? Hast du es wirklich hinbekommen, dass der EINZIGE, den ich jemals mochte, mit dem ich mich anfreunden konnte, den ich begonnen habe in mein Herz zu schließen, nun auch noch zu vergraulen?!“. Musste ich also verantworten, des Müdis Trauer, war ja klar.
Jede Nacht, in der sein Herzensmensch nicht wieder kam, stürzte meinen Hund jedenfalls tiefer und tiefer in die Depression. Spaziergänge wurden noch trauriger und unmotivierter. Jede Rückkehr in die Wohnung endete nach einer hoffnungsvollen Suche, traurig und allein im Badezimmer. Sollte ich es dann mal wagen diese Örtlichkeit aufzusuchen, wurde das Lager kurzweilig vor der Haustüre aufgeschlagen. Auf jeden aufmunternden Kuschelversuch von mir (ich war ja schließlich auch alleine und dachte wenigstens ist der Hund noch da um mich zu trösten), folgte die kalte Schulter des Müdis. Andauernd riss er sich die Pfoten auf, sodass ich ihn, auch wenn wir niemals Zeit in einem Raum gemeinsam verbrachten, natürlich auch niemals ganz alleine in der Wohnung lassen konnte. Dass er neben mir natürlich auch den Rest der Hunde- und Menschenwelt für seine Traurigkeit verantwortlich machte, muss ich an dieser Stelle vermutlich nicht mehr erwähnen.
Der Trennungsschmerz war also grenzenlos. Sehr traurig war es, wenn ich den Namen des Verflossenen nannte. Dann rannte das Tier nämlich freudestrahlend zur Tür, kam dann nach einigen Minuten missmutig zurück, um mir kurz einen hasserfüllten Blick zuzuwerfen und sich dann auf sein Badezimmerlager zurückzuziehen. Somit war dann sogar der Name des Besagten irgendwann tabu.
Eine herausfordernde Zeit, wie ich versichern kann und ich werde einiges dafür tun, dass sowas nicht so schnell noch mal passiert. Ganz schön anstrengend so ein Müdi ganz ohne Freu(n)de. Hatte ich beinahe vergessen, aber dankenswerterweise kam es ja irgendwann dann doch noch zu einem Wiedersehen…