WILSON DER ANTIAUSSIE TEIL: 48

von Mira Berghöfer

ALLES NEU 

Die Dinge ändern sich. Mit der Erweiterung unser Mira-Müdi-Familie um den Ahnungslosen, dem Ende meiner Promotionszeit und dem Einzug des kleinen Gespenstes bei Sonja, war es Anfang September dann nach sechs langen Jahren soweit: Die Rückkehr des Müdis in den Mira-Haushalt. 

Lange hatten wir alle ein bisschen Respekt vor diesem Tag, denn neben dem Müdi, sind wir als seine Halterinnen und Halter ebenfalls Gewohnheitstierchen. Irgendwo müssen seine Neurosen schließlich auch herkommen… Es überrascht dann aber doch, wenn man merkt, welche Wirkungskraft dieses nicht immer einfache Tierchen doch auf unser aller Leben hat. 

Das Müdi ist in den vergangenen sechs Jahren nämlich fester Bestandteil des Sonja-Rudels geworden. Hatte im Team zahllose Hundekurse geleitet und sich einen festen Platz im HundeWerk.net erarbeitet. In diese Aufgabe war er quasi mit Pepper gemeinsam hineingewachsen und vermutlich trifft die beiden aus diesem Grunde eine Trennung auch mit am schmerzlichsten. In Wilson hatte Pepper nämlichen den perfekten persönlichen Assistenzen, ihren Sidekick, gefunden, der zwar niemals selbst Zahn anlegen durfte, sie aber wie ein Schatten begleitete und den unerzogenen Hunden Nordwestdeutschlands deutlich zu verstehen gab, dass man lieber auf das Peppertier zu hören hatte. Wilson wiederum hatte von Pepper mit großer Gewissheit die stabile und feste Führung erhalten, die wir Menschen ihm niemals werden geben können. Eine verlässliche Partnerin, die hält, was sie verspricht, jede Drohung ernstmeint und dank der er sich, niemals selbst um Bedrohung jeglicher Art zu kümmern brauchte. Wer die beiden im Team schon mal in einem der Kurse des HundeWerk.nets erlebt hat, weiß mit Sicherheit, was ich meine. 

Doch auch der Rest des Teams hinterlässt ein Loch in Wilsons Herzen und zumindest teilweise auch umgekehrt. So hatte er in Timber einen Freund, in Ebby die nie zu erreichende Grand Dame und in Hazel seine größte Anhängerin gefunden. Wer weiß, was die beiden zusammen noch so alles angestellt hätten. Allerdings ist diese Trennung vermutlich eine sehr sinnvolle, sowohl für Sonjas als auch für meine Nerven!

Und was soll ich sagen? Auch Sonja und ich sind nicht nur glücklich über diese neue Entwicklung. Wilson hatte sich doch ganz heimlich auch ein bisschen in die Herzen seiner Gastfamilie geschlichen und war fester Bestandteil des Alltags. Er gehörte halt dazu und wenn ich ganz ehrlich bin weiß ich ja, wie es ist. Man kann ja irgendwie nicht mit und auch nicht ohne ihn. Eine weitere dunkle Macht, die dieses Tierchen irgendwie perfektioniert zu haben scheint! 

Naja, was mich angeht werden die findigen Leser sicherlich wissen, dass ich mich nicht sonderlich darauf freue, nun täglich von meinem kleinen Tyrannen begleitet zu werden. Denn dadurch erhöht sich schon rein rechnerisch die Wahrscheinlichkeit, dass er sich was richtig Dummes überlegt, um mich zu ärgern, oder sich selbst umzubringen… Abgesehen davon, bin ich auch ein bisschen über den Verlust der schönen Gewohnheit traurig, die Woche mit der Übergabe des Terror-Hundes zu beenden. Hatten wir Halterinnen und Halter uns doch bei dieser Gelegenheit nach sechs langen Jahren mittlerweile viel mehr zu erzählen, als die neusten Müdi-Machenschaften auszutauschen.

Was das Müdi selbst angeht, kann ich bis dato noch keine genauen Angaben über die wirklichen Ausmaße seines Ärgers und Kummers machen. Ich glaube, er denkt bisher noch, dass er jede Sekunde wieder zu Sonja gehen könnte. Weil wir es nie wagen würden, sein Leben in so bedeutsamer Weise zu ändern, ohne dass er selbst ein Wörtchen mitzureden hätte. Vielleicht erahnt er es jedoch mittlerweile ganz, ganz langsam. Hat sich nämlich eine Kehlkopfentzündung eingefangen, die uns einen freitagabendlichen Tierarztbesuch eingehandelt hat. Er hustet ganz viel und röchelt schwer vor sich hin. Laut Tierärztin zwar halb so wild, leidet mein Tier selbstredend Höllenqualen und benötigt Aufmerksamkeit ohne Ende. Man weiß es nicht, aber ganz leise fürchte ich, dass das der Anfang von einem Schlag mit ungeahnter Härte werden könnte. 

Wie konnten die nur?!, denkt der sich mit Sicherheit. Nur gut, dass er mich als Menschen hat, der rational genug ist zu erkennen, was wir und damit meine ich sowohl das Müdi als auch mich, für ein riesen großes Glück hatten, so lange Teil des Sonja-Rudels gewesen sein zu dürfen. Wie weit es dieses Müdi gebracht hat, wie sozial verträglich er geworden ist, wie sehr mein Vertrauen in ihn, trotz des ein oder anderen Rückschlags wieder werden konnte.

Manche Dinge ändern sich eben. Das muss sowohl der Mensch als auch ein Müdi zu akzeptieren lernen. Aber den Freundschaften, die über die Zeit gewachsen sind, tut so eine Veränderung keinen Abbruch! Und so bleibt mir und dem röchelnden Müdi zu meinen Füßen kein treffenderes Ende für diesen Beitrag zu verlieren als ein riesen großes „Dankeschön“!