WILSON DER ANTIAUSSIE TEIL: 52

von Mira Berghöfer

JUGENDSÜNDEN: DER FROSCH EIN FREUND

Das Müdi mag seine tierischen Freunde ja sehr. Ganz hoch im Kurs steht aktuell da das Nilpferd, dicht gefolgt von einem winzigen Pandabären. 

 

 

Den haben wir ihm zuletzt von einem schwedischen Einrichtungshaus mitgebracht und er ist ganz versessen auf das kleine schwarz-und mittlerweile nicht mehr ganz weiße Tierchen. Es mag vermutlich daran liegen, dass sich die beiden eben vom Haarkleid her gleichen und er in dem winzigen Pandabären sein Mini-Me wiedererkennt. 

Auch früher schon, als das Müdi noch ein Mini-Müdi war, hatte er seine speziellen tierischen Freunde. Sogar noch lange bevor er das allseits bekannte Moorhuhn in die Familie aufgenommen hatte. Dieses zog nämlich erst zu seinem ersten Geburtstag bei uns ein und ja, auch nach nunmehr 8,5 Jahren lebt es trotz der ein oder anderen Blessur immer noch! Er geht nämlich sehr pfleglich mit seinen Kumpanen um, sofern sie keinen Herzschlag haben, versteht sich. 

Dass er sich eher mit nicht lebenden Artgenossen versteht, hätten wir schon sehr früh erahnen könnten. Als der kleine Prinz nämlich gerade einmal zwölf Wochen alt war, begann sich genannte Vorliebe bereits zu entwickeln. Das Müdi würde am 24. April geboren und wir hatten daher das Vergnügen während seiner Welpenzeit im Sommer, die meiste Zeit im Garten meiner Eltern zu verbringen. Eigentlich eine tolle Vorstellung für einen Welpen. Im sicher eingezäunten Grundstück die Umwelt erkunden. Sich in den Ruhepausen die Sonne auf den Pelz scheinen lassen. Dann und wann ein Bad im Planschbecken nehmen und unbefangen mit den zwei Hunden des Hauses spielen können. Die beiden Hunde meiner Eltern waren zu diesem Zeitpunkt zwar schon älter, aber nicht weniger verspielt und interessiert an einem Kontakt mit dem neuen Familienmitglied.

Für Prinz Müdi war das allerdings alles vollkommen uninteressant. Wie bereits berichtet, hatte er dem schwarzen Flat-Rüden Finn direkt zur Begrüßung in die Nase gebissen. Dackel-Mix und Chef des Hauses Robbi ignorierte er geflissentlich. Schon damals mit der festen Absicht später mal, wenn er groß und stark sein würde, dessen Machtposition zu untergraben. Wir wissen alle wie es endete: unendlicher Hass auf beiden Seiten, Bisswunden und getrennte Weihnachtsfeiern. 

Nunja, Müdi jedenfalls beschäftigte sich tagein tagaus lieber mit einer kleinen Wurzel. Jedes Mal wenn wir zu meinen Eltern kamen, marschierte er schnurstracks zu der Stelle, wo er sie zuvor liegen gelassen hatte. Dabei wurden Hunde, Menschen und die Umwelt ignoriert, wenn er nur seine Wurzel hatte. Irgendwie süß, dachten wir. Er verteidigte sie auch nicht, sondern brachte sie uns sogar! Schlief auf ihr, warf sie in die Luft und zeigte sie stolz umher, wenn man ihn nach seiner Wurzel fragte. Ein Spielchen, was er im Übrigen bis heute immer noch gerne spielt. Er kann mittlerweile bis zu fünf Kuscheltierchen unterscheiden und bringt immer brav, wonach man ihn fragt. Allerdings nicht in die Hand, beziehungsweise nur dann, wenn er das will. Wäre ja noch schöner, wenn er retriever-like apportieren würde. Peinlich und unter seiner Würde. Zu viel Interaktion mit lebendigen Wesen, die ihn auf den Zeiger gehen könnten. 

Als ich ihm seine Wurzel eines Tages mal gedankenverloren abnahm und genauer betrachtete, erkannte ich dann was ihn eigentlich so daran interessierte. Es war nämlich gar keine Wurzel, sondern ein verdorrter Frosch, der zur Unkenntlichkeit verschrumpelt und quasi mumifiziert war. Als ich ihn angeekelt wegwarf, stürzte sich das Müdi freudestrahlend auf seinen Kumpel und warf ihn umher. Der ein oder andere kann sich die traurigen Hundeaugen vorstellen, als ich das Vieh entsorgte. Ein Akt, den er mir nie verziehen hat, was ich sogar irgendwie verstehen kann. Ich finde schließlich Steine auch grundsätzlich sympathisch. 

Daher versuche ich, mir seither seine Gnade zurückzukaufen. Mit der stetigen Erweiterung seines Hofstaates um das ein oder andere Stofftier. Aber vermutlich wird ihm niemals wieder etwas so wichtig werden, wie dieser kleine tote Frosch. Ich übe mich weiter in Reue und bin selbstredend dennoch angeekelt von der Vorstellung, dass ich den Sommer 2010 damit verbrachte, einen toten Frosch durch die Gegend zu werfen.